Durchblick Nr. 05/2017 - Teil 2 - vom 23.08.2017

Ein Neukunde legt Ihnen am 31. Juli 2017 eine Betäubungsmittel (BtM)-Verordnung über Dronabinol Kapseln für seine Frau vor. Ihre Nachfrage, ob seine Frau dieses Medikament bereits kenne, bejaht er.

Für Sie stellt sich die Frage, ob Sie bei einem Neukunden mit einer Verordnung über Dronabinol generell erfragen sollten, ob die Leistung von der zuständigen Krankenkasse genehmigt worden ist, auch wenn die Therapie schon längerfristig angewendet wird. Des Weiteren fällt Ihnen auf, dass im Arztstempel zwei Ärzte aufgeführt sind, aber aus der Verordnung nicht klar hervorgeht, welcher der Ärzte diese ausgestellt hat. Wie ist zu verfahren?
Seit Inkrafttreten des sog. „Cannabisgesetzes“ am 10. März 2017 können Versicherte – unter der Voraussetzung, dass die Leistung durch die gesetzlichen Krankenkassen genehmigt ist – Verordnungen zu Lasten der Krankenkassen über Cannabis (getrocknete Blüten oder standardisierter Extrakt) und die Wirkstoffe Dronabinol und Nabilon erhalten. Den Antrag auf Genehmigung stellt der Versicherte gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt (§ 31 Abs. 6 SGB V).

Eine ordnungsgemäß ausgestellte Betäubungsmittelverordnung entspricht den Vorgaben der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (§ 9 BtMVV), wie im vorgenannten Beispiel erläutert. Die Angaben zu Patient und Krankenkasse sind im vorliegenden Fall vollständig auf der Verordnung aufgebracht. Die Angaben im Arztstempel sind zwar ebenfalls vollständig, allerdings lässt sich nicht erkennen, welcher der zwei im Stempel aufgeführten Ärzte die Verordnung ausgestellt hat. Beispielsweise durch Unterstreichen des jeweiligen Arztnamens im Stempel wäre die Angabe eindeutig. Liegt ein dringender Fall vor, können die fehlenden Angaben mit Datum und Unterschrift vom Abgebenden auf den Teilen I und II ergänzt werden, sofern der Apothekenleiter zuvor Rücksprache mit dem Arzt genommen hat (§ 12 BtMVV). Der Arzt ergänzt entsprechend auf Teil III der Verordnung.
Das Betäubungsmittel ist mit seiner Bezeichnung und der Angabe zur Menge pro abgeteilter Darreichungsform sowie der Stückzahl eindeutig bezeichnet und die Dosierung ist angegeben. Die verordnungsfähige Höchstmenge für Dronabinol ist auf bis zu 500 mg innerhalb von 30 Tagen festgelegt (§ 2 BtMVV). Diese Menge wird mit der Verordnung gerade erreicht, aber nicht überschritten, somit ist eine Kennzeichnung mit einem „A“ für die Höchstmengenüberschreitung nicht notwendig. Die Rezepturbestandteile sowie die Herstellung sind durch die Angabe „NRF 22.7.“ eindeutig festgelegt. Macht der Arzt diese Angabe nicht, ist auf der Verordnung jeder einzelne Bestandteil, die Darreichungsform sowie die Art der Verpackung anzugeben. Fehlen einzelnen Angaben auf der Verordnung, werden diese nicht ohne Weiteres von den Kassen übernommen.

Die Preisberechnung richtet sich für die Dronabinol-Verordnung nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO) „Apothekenzuschläge für Zubereitungen aus Stoffen“. Der Wirkstoff Dronabinol und der Hilfsstoff Palmitoylascorbinsäure sind nicht in der Hilfstaxe mit einem vereinbarten Basispreis aufgeführt. Diese sind aber als Droge/Chemikalie in der Deutschen Spezialitätenliste (früher „Lauer Taxe“) hinterlegt. Für eine wirtschaftliche Versorgung ist in solchen Fällen der preisgünstigste Wirkstoffanbieter der Preisberechnung zugrunde zu legen. Der Basispreis des Hartfetts (Adeps solidus) sowie die Preise für Kapseln, Gefäß und den kindergesicherten Verschluss sind der Hilfstaxe zu entnehmen. Den ermittelten Einzelpreisen ist ein Festzuschlag von 90% hinzuzurechnen. Der Rezepturzuschlag, 24 Euro für bis zu 60 Kapseln, sowie der Fixzuschlag von 8,35 Euro und die Mehrwertsteuer sind hinzuzuaddieren (siehe Anhang: Tab 1).
Auch hier gilt: Wichtig für die Abrechnung mit der Krankenkasse ist, dass die Software so eingestellt ist, dass die Einzelpreise der Rezepturbestandteile vorne im Verordnungsfeld des Rezeptformulars aufgedruckt werden (§ 9 AMPreisV).
Für Dronabinol Rezepturen gibt es sogenannte Herstell-Sets, die die Einzelbestandteile sowie das Primärpackmittel enthalten. Hier ist abzuwägen, ob dieser Bezugsweg für Sie wirtschaftlicher ist als die Einzelbestandteile zu beziehen.
Es gibt auch Wirkstoffsets, die neben dem Wirkstoff und dem Prüfzertifikat einen Schnelltest zur Identitätsprüfung enthalten. Bei diesem Schnelltest handelt es sich um ein alternatives Prüfverfahren nach NRF. Dieses ist in der Online-Version des NRF aufgeführt. Ein in der Apotheke durchgeführter eindeutiger Identitätsnachweis mit diesem Schnelltest in Kombination mit einem Prüfzertifikat nach den Vorgaben der DAC Monographie ist eine ausreichende Identitätsprüfung.
Die Sets an sich können gegenüber der Krankenkasse nicht abgerechnet werden: Es muss immer die Rezeptur als solche abgerechnet werden, also die Einzelbestandteile, das Gefäß, die Aufschläge usw. in Ansatz gebracht werden. Der Preis wird unter Verwendung der Sonder-PZN 06460665 für cannabishaltige Zubereitungen auf die Verordnung aufgedruckt.


Im Folgenden erhalten Sie eine tabellarische Übersicht über die Preisberechnung nach neuer Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO, Stand 05.2017) sowie weiteren Abrechnungsvorgaben:

Tab. 1 Berechnung der Erstattungspreise nach AMPreisVO

 

§4 AMPreisVO
(unverarbeitet Abgabe)

 

§ 5 Abs. 3 AMPreisVO
(individuelle Rezeptur)

 

Taxation

    AEK des Stoffes
+ AEK Gefäß
+ 100 % Festzuschlag
+ MwSt

    AEK des/der Stoffe
+ AEK Gefäß
+ 90 % Festzuschlag
+ Rezepturzuschlag
+ 8,35 € Fixzuschlag
+ MwSt

Apothekenabschlag - 5% - 1,77 € (neu)
Bedruckung

Sonder –PZN 06460702

Ausnahme Cannabis-Blüten:
Sonder-PZN 06460694

Sonder-PZN 09999011

Ausnahme cannabishaltige Zubereitung:
Sonder-PZN: 06460665

 

 

 

 

 

 

 

Kontakt

Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V.
Willy-Brandt-Weg 11
48155 Münster

Telefon: 0251 539380
Telefax: 0251 5393813
E-Mail: apothekerverband@avwl.de

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