Nieheim 06.09.2024
Aktuelles

„Die Apotheke vor Ort muss erhalten bleiben“

Ein Haushaltpolitiker schaut eigentlich auf jeden Cent. Was aber die Apotheken anbetrifft, geht dem CDU-Bundestagsabgeordneten Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion, die Sparwut der Politik doch etwas zu weit. Das ist nun bei einem Besuch Haases in der St.-Nikolaus-Apotheke Nieheim deutlich geworden. Dort hat sich Haase mit Björn Schmidt, Kreisvertrauensapotheker und Vorsitzender der Bezirksgruppe Höxter im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL), und dessen Stellvertreter André Kramer (Annen-Apotheke Brakel) über die Probleme in der Arzneimittelversorgung und die Reformpläne des Bundesgesundheitsministeriums ausgetauscht.

Zwei-Klassen-Versorgung

Apotheke ist eigentlich nicht das Kernthema des Haushaltspolitikers. Doch Haase ist auch Vorsitzender der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU. Die Daseinsvorsorge für die Menschen und die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land sind ihm daher ein Anliegen. Und er weiß, wie wichtig eine gute und sichere Gesundheitsversorgung für die Bürger ist. Björn Schmidt und André Kramer führen ihm bei seinem Besuch noch einmal die Leistungen der Apotheken vor Augen, nicht zuletzt in der Corona-Pandemie. Die massiven Arzneimittel-Lieferengpässe seien ohne die Apotheken vor Ort gar nicht zu handhaben und die Einführung des E-Rezeptes wäre ohne die Apotheken nicht umzusetzen gewesen, so Schmidt. „Wir informieren die Bürger, nehmen sie mit und tragen so dazu bei, den sozialen Frieden zu sichern.“

Dass in seinem Heimatkreis Höxter in den vergangenen 15 Jahren jede vierte Apotheke schließen musste, bereitet dem CDU-Politiker Haase Sorge. Bei Schmidt und Kramer informiert er sich über die Ursachen dieses Apothekensterbens. „Hauptgrund ist die chronische Unterfinanzierung der Apotheken“, so Schmidt. Seit nunmehr 20 Jahren sei das staatlich geregelte Honorar von der Politik de facto nicht mehr erhöht worden. Im gleichen Zeitraum aber sind Personal-, Sachkosten und Inflation deutlich gestiegen. „Mittlerweile machen zehn Prozent der Apotheken ein Minus und ein Drittel ist wirtschaftlich gefährdet“, warnt Schmidt.

Mit einer Apothekenreform will das Bundesgesundheitsministerium nun gegensteuern. „Damit wird sich die Situation jedoch weiter verschärfen“, kritisieren die Apotheker. Um Kosten zu reduzieren will das Ministerium nämlich Apotheken ohne Apotheker schaffen und damit die Pharmazeuten wegsparen. Nur noch wenige Stunden pro Woche muss den Plänen zufolge ein Apotheker in seiner Apotheke anwesend sein. Dies habe für die Patienten Leistungskürzungen zur Folge, weil ohne Apotheker keine Impfungen verabreicht, keine starken Schmerzmittel abgegeben, keine individuellen Rezepturen hergestellt und keine umfangreichen Medikationsberatungen durchgeführt werden können, nennen Schmidt und Kramer nur einige Beispiele: „Das ist der Weg in eine Zwei-Klassen-Versorgung: Wer Glück hat, hat eine echte Apotheke in der Nähe, und alle anderen lediglich Schein-Apotheken, in denen keine Apotheker sind.“

Ein Brandbeschleuniger 

Kosten ließen sich mit dem Modell im Übrigen nicht reduzieren, denn die Leitung der Schein-Apotheken müsste von pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) übernommen werden. Und die müssten für die zusätzliche Verantwortung auch besser bezahlt werden, so die Apotheker. Beide haben Zweifel, dass sich genügend PTA für eine solche Leitung finden lassen: Zum einen, weil PTA zu den Mangelberufen zählen. Und zum anderen, weil auch die Interessenvertretung der PTA (BVpta) die Reformidee aus dem Bundesgesundheitsministerium ablehnt.
Die Honorarreform, an der das Bundesgesundheitsministerium arbeitet, sehen die beiden Apotheker ebenso kritisch: Geld soll nach den Berliner Plänen zwischen kleinen und größeren, vermeintlich besser verdienenden Apotheken umverteilt werden. Kleine Apotheken würden von der Reform jedoch maximal mit einem niedrigen vierstelligen Betrag profitieren. „Damit ist keine Apotheke zu retten, wohl aber geraten weitere in wirtschaftliche Schieflage und das Netz dünnt immer mehr aus“, so Schmidt. „Das Apothekensterben wird sich dadurch noch beschleunigen. Eine Umverteilung hilft nicht, das System ist schlicht unterfinanziert“, fügt er hinzu.

„Die Schein-Apotheke ist kein Weg, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu sichern“, ist auch der CDU-Politiker Haase überzeugt. Nach 20 Jahren Stagnation sei die Honorarreform keine geeignete Maßnahme, das Apothekensterben aufzuhalten. „Die Apotheke vor Ort muss als niedrigschwelliger Zugang und wichtige Säule im Gesundheitssystem in den Orten des Kreises Höxters erhalten bleiben“, fordert Christian Haase.    
 

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