Bottrop 16.01.2024
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„Es muss mehr Geld in das System“

Warum sie sich selbstständig gemacht hat? „Weil ich weiterkommen und meine Ideen umsetzen wollte“, sagt Karima Ballout. Vor zwei Jahren hat sie deshalb zwei Apotheken in Bottrop übernommen – und auf Links gezogen: Lagerautomat, Vier-Tage-Woche für die Beschäftigten und viel Eigenverantwortung für die Mitarbeiter, weniger Verkaufsfläche und dafür ein großer Beratungsraum, um Dienstleistungen und Impfungen anzubieten. Dirk Heidenblut, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Gesundheitsausschusses, hat schon viele Apotheken vor Ort gesehen. Aber das Engagement, mit dem die dreifache und alleinerziehende Mutter Karima Ballout ihre Apotheken umkrempelt, beeindruckt ihn sichtlich.

„Ich habe den Traum von einem Präventionszentrum hier in Bottrop“, erklärt Karima Ballout dem SPD-Apothekenexperten bei seinem Besuch. Mehr als jeder Dritte in Bottrop und Umgebung habe Migrationshintergrund, so Ballout. Die Apotheke als niedrigschwellige Anlaufstelle in Gesundheitsfragen werde hier gebraucht. 

Erneute Kürzung der Apothekenhonorare

Der Traum aber droht zu zerplatzen, falls der Bundesgesundheitsminister seine angekündigte Apothekenstrukturreform tatsächlich umsetzt. Ende Dezember hatte Karl Lauterbach seine Eckpunkte für eine solche Reform vorgestellt. Kernpunkt des Konzepts ist die Umverteilung des Honorars. So will der Minister angeblich die kleinen Apotheken insbesondere auf dem Land sichern. Ein Kalkül, das nicht aufgehen wird, weil diese Umverteilung nämlich keineswegs wie vom Minister versprochen finanziell neutral ist, sondern vielmehr eine Kürzung der Apothekenhonorare zur Folge hat, so Karima Ballout. Und zwar auch für die normale Durchschnittsapotheke. Ballout hat die Pläne für ihr Haus durchgerechnet: „Für mich wären das unter dem Strich 10.000 Euro pro Jahr weniger“ rechnet sie vor. Innovative Arzneimittel im Wert von vier- oder fünfstelligen Beträgen vorzufinanzieren, sei dann schlicht nicht mehr möglich, warnt sie. „Apotheken, die solche hochpreisigen Arzneimittel abgeben, werden dann schnell defizitär.“

17 Apotheken gebe es noch in Bottrop. Doch es sei jetzt schon absehbar, dass es noch weniger werden. „Wenn die Zahl nur auf 15 zurückgeht – und das ist noch vorsichtig geschätzt – muss eine Apotheke hier durchschnittlich 7.800 Patienten versorgen. Dann werden sich Schlangen bilden.“ Für Impfungen und Vorsorgeleistungen, ihren Traum vom Präventionszentrum, bleibe dann keine Zeit mehr. Scharf kritisiert sie auch das Vorhaben des Ministers, dass künftig nicht mehr in jeder Apotheke ein Apotheker vor Ort sein müsse. „Seine Pläne werden für die Patienten Leistungskürzungen zur Folge haben“, so Ballout.

„Das Honorar muss steigen“

„Honorar-Umverteilungen reichen nicht, schon gar nicht, wenn sie zu Kürzungen führen“, gibt Dirk Heidenblut ihr Recht. „Es muss mehr Geld in das System“, sagt er. Zugleich will er die Apotheken bei der Beteiligung in Präventionsfragen, beim Impfen und in vielen anderen Feldern stärken. „Das Honorar muss steigen – und zwar so, dass überall im Land Apotheken auch für ältere Menschen in erreichbarer Nähe bewahrt werden können.“

Bereits im vergangenen Jahr haben die Apotheken mehrfach mit Protestaktionen darauf aufmerksam gemacht, dass die Arzneimittelversorgung mittlerweile massiv unterfinanziert ist. Seit 20 Jahren hat es unter dem Strich keine Erhöhung der staatlich reglementierten Vergütung gegeben – trotz steigender Kosten und hoher Inflation. Infolgedessen ist ein Drittel der Apotheken vor Ort wirtschaftlich gefährdet. „Setzt der Gesundheitsminister seine Ideen um, werden noch mehr Apotheken auf der Kippe stehen, insbesondere auch kleine Apotheken auf dem Land“, warnt Karima Ballout und sie fügt hinzu: „Wenn der Minister an den Plänen festhält, werden wir unsere Proteste verstärkt fortsetzen.“
 

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