Er ist in seiner Amtszeit nicht immer der Liebling der Apotheker gewesen. Doch obwohl längst nicht mehr Bundesgesundheitsminister sind dem CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Spahn die Nöte der Apotheker offenbar nicht gleichgültig. Deshalb hat er sich nun in der Hubertus-Apotheke in Legden ein Bild von den aktuellen Problemen gemacht.
Es ist vor allem die Apothekenreform, die Spahns Nachfolger, SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant, welche Petra Hruby große Sorge bereitet. Insbesondere das Vorhaben, Apotheken ohne Apotheker zu schaffen, sieht die Inhaberin der Hubertus-Apotheke äußerst kritisch. Dies gefährde die Versorgung der Patienten, so Hruby, die auch Vorsitzende der Bezirksgruppe Borken im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) ist.
Nur noch wenige Stunden pro Woche müsste den Berliner Vorschlägen zufolge ein Apotheker in seiner Apotheke anwesend sein. Dies habe für die Patienten Leistungskürzungen zur Folge, weil ohne Apotheker keine Impfungen verabreicht, keine starken Schmerzmittel abgegeben, keine individuellen Rezepturen hergestellt und keine umfangreichen Medikationsberatungen durchgeführt werden können, nennt Hruby nur einige Beispiele: „Das ist der Weg in eine Zwei-Klassen-Versorgung: Wer Glück hat, hat eine echte Apotheke in der Nähe, und alle anderen lediglich Schein-Apotheken, in denen keine Apotheker sind.“
Auch in seiner Amtszeit zwischen 2017 und 2021 ist das staatlich reglementierte Honorar der Apotheken nicht erhöht worden. Ebenso wenig wie unter seinen Vorgängern. Die fixe Vergütung pro abgegebener Arzneimittelpackung liegt de facto auf dem Niveau des Jahres 2004 – obwohl Kosten und Inflation in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen sind. Die Folge: „Mittlerweile sind zehn Prozent der Apotheken defizitär und ein Drittel ist wirtschaftlich gefährdet“, so Hruby.
Allerdings ist in Spahns Amtszeit der Systemwechsel in der Honorierung begonnen worden, weg von der Honorierung pro Packung. Stattdessen bieten Apotheken zunehmend vergütete pharmazeutische Dienstleistungen an, zum Beispiel Blutdruckchecks, Inhalationsschulungen und erweiterte Medikationsberatungen. Auch Impfungen führen sie mittlerweile durch. Für Petra Hruby ist es der richtige Weg, die Versorgung der Patienten durch Präventionsangebote zu verbessern. Für kurios hält sie es, dass auch Minister Lauterbach zwar zusätzliche Präventionsleistungen schaffen möchte, aber zugleich die Apotheker wegsparen will, die diese erbringen sollen. Hruby betont, dass nur wirtschaftlich gesunde Apotheken mit Apothekern ausreichend Spielraum hätten, diese pharmazeutischen Leistungen aufzubauen.
Zumal die Apotheken nach wie vor mit dem zeitaufwendigen und kostenintensiven Management der Arzneimittel-Lieferengpässe befasst sind. Hruby macht darauf aufmerksam, dass die Apotheken mehr Handlungsfreiheiten benötigten, um die Patienten im Falle von Engpässen schnell und unkompliziert ohne lange Rücksprachen mit dem Arzt versorgen zu können. Die Apotheken bräuchten daher wieder ähnlich große Handlungsmöglichkeiten wie während der Corona-Pandemie. Das fachliche Potenzial müsse voll ausgeschöpft werden.
Öffentlich äußert sich der frühere Bundesgesundheitsminister Spahn grundsätzlich nicht zur Politik seines Nachfolgers, weil sich das seiner Überzeugung nach nicht gehört. „Er hat sich aber an diesem Tag viel Zeit genommen, war vor allem an den Wünschen und Sorgen meiner Mitarbeiter interessiert und kennt sich fachlich nach wie vor bestens aus“, zieht Petra Hruby nach dem Gespräch Bilanz. Und was seine Fraktion von der Apothekenreform hält, ist ohnehin längst publik: Vertreter von CDU und CSU im Bundestag haben sich bereits klar gegen Apotheken ohne Apotheker ausgesprochen.
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